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Requiem für Xenophon    

von Prof. Dr. Peter Robert Franke

                                                                                                           XENOPHON – der in fremder Sprache, mit fremdem Klang spricht, so nannten ihn anfangs die Bewohner des waldreichen Peliongebirges an der thessalischen Ostküste bei Volos. Später dann, zum Zeichen, daß er einer der ihren geworden war, auch Alfonso oder Andreas, wie seine beiden Taufnamen lauteten. Clemens heißt er in Werner Helwigs berühmtem, schon 1939 erschienenem und bis vor kurzem immer wieder aufgelegtem Buch „Raubfischer in Hellas“, ein Name, den auch der Held des Romans „Im Dickicht des Pelion“ vom gleichen Verfasser (1941) trägt. Diesem Xenophon Clemens Alfonso Andreas Hochhauser, als Bauernsohn geboren im Jahre 1906 zu Judenburg in der Steiermark, gestorben am 15. Januar 1981 auf einem schneebedeckten Gipfel des von ihm so sehr geliebten Pelion, sollen unsere Worte der Erinnerung und der Dankbarkeit gelten.
  Worte der Erinnerung an eine ungewöhnliche Persönlichkeit, an einen Mann, der im Laufe seines Lebens Köhler, Sau- und Ziegenhirte, Fischer, Matrose, Kapitän, Soldat und Dolmetscher war, Begleiter von Hans Hass bei dessen ersten Unterwasserforschungen, Mitentdecker des gewaltigen Bronzegottes aus dem Meer, der heute im Nationalmuseum zu Athen steht, ein Mann, der später in einer kleinen Klosterherberge auf der Insel Trikkeri (im Hintergrund der Halbinsel Magnesia) am Golf von Volos und dann in einfachen Laubhütten auf dem wind- und wellenumtosten einsamen Kap Kuluri viele bedeutende sogenannte Wirtschaftskapitäne und Manager zu Gast hatte, die bei ihm und im (wenn auch nur zeitweise!) einfachen Leben neue Kräfte sammelten.
  Worte der Dankbarkeit auch für einen Mann, den wir in Chorefto am Pelion kennenlernten und der allen denen, die ihm begegnet sind, unvergessen bleiben wird wegen seiner Schlichtheit, seines Freimuts, seines Humors, seiner Erzählfreude und seiner Gastfreundschaft, seiner chevaleresken Höflichkeit gegenüber Frauen und ebenso wegen seiner im harten Lebenskampf und im Studium antiker Dichter und Schriftsteller erworbenen Weisheit – und nicht zuletzt auch wegen seiner unverwechselbaren hager-knorrigen Gestalt mit dem scharfen Profil und dem ausgreifenden Gang. Die große Wirtschaftskrise der zwanziger Jahre hatte ihn nach Griechenland und hier bald in den wald- und fischreichen thessalischen Pelion verschlagen. In seinen hinterlassenen Erinnerungen faßt er diese Jahre von 1924 bis 1939 so zusammen:
  „15 Jahre Urlaub. Ein Leben ohne Warum und Wieso, ohne Absicht und Zweck. Ohne feste Einstellungen zu den ganzen Problemen, die ich nicht kannte, die mich auch nicht beschäftigten. – Ich hatte einen Fischerkahn, holte mir aus dem Meer und durch gelegentliche Transporte, was ich zum täglichen Leben brauchte. Ich wähnte mich unabhängig auf und in dieser Welt, von keiner Wirtschaftskrise oder polititschen Lage oder militärischen abhängig. War ich doch an diesen entlegenen Küsten der Ägäis herangewachsen und hatte im Kampf mit Wind und Wellen ein Selbstbewußtsein entwickelt, das mich jeder Lage gewachsen fühlen ließ. Aber das scheint mir nur jetzt – 1973 – so klar. Damals – 1933 – sagte ich wohl im Hinblick auf Europa und die Entwicklung in Deutschland „hier an der Ostküste des Pelions findet mich kein Krieg“, also kann’s mir gleich sein, was die da oben machen.“ –
  Aber was waren das für 15 Jahre „Urlaub“? Werner Helwig hat sie in dem Buch „Raubfischer in Hellas“ geschildert: ein steter Kampf ums Überleben in einer dem Xenos, dem Fremden, weithin verschlossenen, fast noch archaisch anmutenden Welt. Ein Sichdurchsetzenmüssen gegenüber harten, die Konkurrenz fürchtenden Fischern, mißgünstigen Bauern und argwöhnischer Fremdenpolizei. Ein steter Kampf gegen die Natur, gegen das oft undurchdringliche Dickicht des Waldes, gegen die sich bei Sturm hochtürmenden Wellen, gegen die ein Landen zum Spiel auf Leben und Tod machende Brandung, die das schmale Boot am Felsen zu zerschmettern drohte. Die stete Gefahr, beim Fischen mit Dynamit getötet oder verstümmelt oder zumindest erwischt und eingesperrt zu werden, was die Ausweisung bedeutet hätte. Das Risiko, von einem eifersüchtigen Rivalen mit dem Messer angegriffen zu werden. Der Zwang, die frisch gefangenen Fische, eingewickelt in Blätter, auf der Schulterkiepe fast 40 km über das Gebirge, durch schroffe Schluchten und wilde Wälder zum Markt nach Volos zu bringen, wo sich ein guter Preis erzielen ließ, denn ganz ohne Geld ging es nicht.
  Das Leben das Alfonso spielte sich überwiegend zwischen Kuluri und Volos ab, einem Gebiet von etwa 50 x 40 Kilometern. Das ist für über 50 Jahre seine eigentliche Welt. Aber was für eine Welt! Eine schroffe, unwirtliche Küste, nur gelegentlich für kleine Sandstrände geöffnet wie bei Chorefto, wo Xenophon seine Frau Chariklia fand. Der kleine Ort, heute leider ein beliebtes Touristenziel, einst aus fünf, sechs Häusern, einem Kramladen und einer Taverne bestehend, zieht sich an dem schmalen Kies- und Sandstreifen des Strandes entlang, gesäumt vom glasklaren blaugrünen Meer. Hier versammeln sich auch heute noch am späten Nachmittag die Fischerboote, um in der Nacht mit den großen Karbidlampen auf Fang zu gehen und am frühen Morgen, wenn die Sonne strahlend im Osten aus dem Meer aufsteigt, heimzukehren. Aber wo früher ein steinig-enger Fuß- und Eselspfad den Berg hinanstieg, führt heute eine vielfach gewundene schmale Asphaltstraße nach Volos, auf der nun die Fische zum Markt gebracht werden, und die Touristen heran. An der kleinen Dorfkirche unweit der Platia am Strande sind Überreste eines antiken Heiligtums eingebaut, große Marmorblöcke, ein Kapitel und das Fragment einer Gewandstatue, die Xenophon unschwer als Artemis erkannte. Hier begann seine erste Hinwendung zur Antike, die im Alter immer stärker und tiefer wurde. Als Ziegenhirte entdeckte er unweit von Zagora, dem am Abhang hingeschmiegten Haupt- und Winterort Chorefto, einem stattlichen Dorf mit mächtiger Kirche und einer von jahrhundertealten Platanen umstandenen Agora, eine versunkene antike Stadt, mit einer Akropolis, deren gewaltige Mauern überwuchert, aber noch gut zu beobachten waren. Durch Zufall fanden wir an jener Stelle auch den Scherben eines einst übergroßen, fast ½ m im Durchmesser aufweisenden tönernen Vorratsgefäßes, der mit schwarzer Farbe bemalt war und einen unter einer Bank oder einem Tisch liegenden Hund zeigt. Die Archäologen datierten uns das seltene Stück in die Zeit um 480, jenes Jahr, in dem die Flotte der Perser hier entlangsegelte und vor dem Kap Artemision durch einen gewaltigen Sturm große Verluste erlitt, wie uns Herodot berichtet. Der Xenophon aus Judenburg schreibt dazu:
„Nun zu Herodot: Ich würde nie jedes seiner Worte auf eine Goldwaage legen. Da er ja auch nicht bei allen Vorfällen, die er schildert, dabei war, muß er sich auf Berichte anderer stützen. Trotzdem – es ist erstaunlich, wie einzig richtig die Fahrt der Perserflotte von Therme (dem heutigen Thessaloniki) an der Pelionküste entlang rekonstruiert ist. – Wir hatten hier am 5. September 1937 und am 3. Dezember 1957 Stürme. Der eine noch im Sommer, bei dem kein Schiff hier davongekommen wäre. Auch nicht in Platania, wo 1937 alle dort verankerten Lastkähne von 20 bis 70 Tonnen schwer beschädigt wurden.“
  Auf diesen Strand von Platania zogen die Perser damals ihre Schiffe, nachdem sie an den „Backöfen“ von Sepias vorbeigekommen waren, jenen gewaltigen, vom Meer ausgewaschenen Felshöhlen, in deren einer einst dem Mythos nach die Hochzeit zwischen Thetis, der Tochter des Meeresgottes Nereus, und Peleus, dem Herrn des Peliongebirges, stattfand. Hier dringt einmal am längsten Tag des Jahres durch eine Öffnung in der Decke der Lichtstrahl der Sonne ein und bescheint das Hochzeitsbett auf einer großen Felsplatte über dem Wasser. Auch Xenophon hat hier Hochzeit, ja Hochzeiten gefeiert. Und er nannte sein rotes Boot nach dieser Göttin „Thetis“, nach jener Mutter des Achill, der auf der Vorderseite einer Münze des epirotischen Königs Pyrrhos um 275 v. Chr. zu sehen ist, während auf der Rückseite Thetis auf einem Hippokampen reitend ihrem vor Troja kämpfenden Sohn einen Schild bringt – Symbole des gegen die Römer kämpfenden Königs, dessen Mutter aus Thessalien stammte und der sich stolz als Nachkomme jenes trojanischen Helden empfand. Achill wurde im Pelion aufgezogen, wo der weise Kentaure Chiron sein Lehrer war, der auf einer Münze des Stammes der Magneten abgebildet ist, die ja in griechischer und römischer Zeit am Pelion siedelten. Etwas von seiner Weisheit scheinen die Obstbauern und Fischer, Gastwirte und Holzarbeiter bis heute bewahrt zu haben. Von Chorefto aus und von Kuluri lief der junge Alfonso stundenweit in das blühende, heute fast ausgestorbene und verfallene Dorf Veneto, wo er Freunde hatte und wo sich der Blick weit auf das Meer und Kuluri öffnet. Hier lebte er zeitweise als Köhler und produzierte Holzkohle, von Fischern, Bauern und Wirten gleichermaßen begehrt. Sachkenntnis und Umsicht bei der Errichtung eines Meilers waren freilich die Voraussetzung dafür, daß nicht der ganze Wald in Flammen geriet. Hier besuchte ihn auch sein Jugendfreund Werner Helwig, der in seinem Buch „Raubfischer in Hellas“ schreibt:
 „Ich versuchte meine ersten Eindrücke zu ordnen. War das noch der Clemens, wie ich ihn als Junge gekannt hatte? War Neues, Unerwartetes hinzugekommen oder hatten Ereignisse an ihm gearbeitet und die in seinem Wesen vorbereiteten Konturen deutlich gemacht? Daß sich die früh bewährte Freundschaft würde fortsetzen lassen, schien mir plötzlich zweifelhaft. Sein Gesicht war von unbändiger Melancholie durchschüttet. Und ich fing an zu vermuten, daß er nur noch zu leben, zu atmen vermöge, wenn er sich von einem Abenteuer zum anderen vorwärts risse, um über die Untiefen hinwegzukommen, die sich in seinem Wesen aufgetan hatten.“
  Xenophon selbst schrieb rückschauend an eine Dame, die ihn 1978 im Pelion besuchte:
  „. . . meine Aufgabe ist es, das Wilde, Ungebändigte in den Griff zu bekommen, ich muß zupacken, hart sein, meine Mitarbeiter, Boote und sogar die Natur bändigen. Das verlangt oder bringt mit sich Roheit . . . was mich bedrückt, wurde mir nicht erst jetzt bewußt. Ich spüre selbst mit Abscheu meine Roheit. Und ich möchte Sie bitten, mir diese etwas nachzusehen, wenn man das so ausdrücken kann. Ich wußte, daß ich für Sie, meine Dame, schon knapp an der Grenze des gerade noch Erträglichen war und je mehr ich das fühlte, umso auswegloser erschien mir mein Dilemma. Doch auch ich spüre Geistigkeit, Sinn für das Schöne, wo sie vorhanden. Ich aber muß, und das verlangt meine Welt hier, mit Grobem fertig werden. Vielleicht haben Sie das auch erkannt, vielleicht dachten Sie sogar, schade um den Kerl, daß er so verkommt.“
(Brief an Frau Dr. Renate Lenz-Fuchs vom 13. März 1979)
  Und wirklich häufte sich Abenteuer auf Abenteuer. Man kann sie nicht alle aufzählen, es wäre ein abendfüllender Film, es sind – wie gesagt – zwei Bücher voll, auf seinen Tagebüchern beruhend – man kann es bei Helwig nachlesen. Eines der größten war die Entdeckung des Gottes aus dem Meer, jener heute von den Archäologen als Zeus, von manchen auch als Poseidon angesehenen gewaltigen Bronzestatue, die nahe dem Kap Artemision, also südlich des Pelion, aus der See gefischt wurde. Werner Helwig beschreibt jenen Tag:
  „Ich erlebte mit ihm die sonderbarsten Dinge. Ein motorisierter Schleppnetzfischer, der die Bucht von Volos abgraste, wurde, als er in den Kanal von Trikkeri einbog, mitten in voller Fahrt einen Augenblick ruckartig angehalten. Man maß der Sache keine Wichtigkeit bei. Aber als das Netz eingeholt war, ergab sich, daß im Gewimmel der Schnecken, Muscheln und Krebse, Polypen und Zwergrochen eine abgebrochene Riesenhand lag, von überaus schöner Bildung. Der Kapitän verständigte sofort den Psarathanassis, als den bekanntesten Aufkäufer solcher Wunderdinge. Mein Alter besieht sich die göttliche Flosse, zieht die Schulter vor Wichtigkeit krumm und murmelt: ganz große Sache!
  Sofort ließ er seine Künste spielen. Es kam schon im voraus ein ansehnliches Stück Geld zusammen, nur um die Bergung des vermutlichen Fundes zu bewerkstelligen. Daß man die Stelle, wo die Stahltrossen des Netzes ruckten, wiederfinden werde, zog er gar nicht in Zweifel. Er verließ sich auf den wunderbaren Ortssinn unserer Fischer, die auf dem merkmallosen Meer mindestens so gut Bescheid wissen, wie ein Hirte in seinen Bergen. Und er behielt recht. Mit einigen Schwammtauchern an Bord fuhr man von Morgennebel gedeckt nach jener Stelle, wo es „geruckt“ hatte.Es war windstill. Kaum Boote im Golf. Da wurde der erste Taucher losgelassen. Er kam heraus und hatte nichts gefunden. – Hier und nirgend anders sei die Stelle, versicherte der Kapitän, nachdem er noch einmal mit äußerster Anstrengung nachgedacht hatte.
  Der zweite Taucher blieb länger. Er kam völlig erschöpft und mit blutender Nase wieder heraus: er habe den ganzen Schlammgrund abgetastet. Es sei nichts Auffälliges außer einem ellbogenlangen Korallenbäumchen zu finden gewesen. Man sah sich fragend an . . . Am Schlammgrund des Kanals ein Korallenast – unmöglich! Korallen gedeihen nur auf felsigem Untergrund. Nie auf Sand oder Mutt.
  Der dritte Taucher ging hinab. Er nahm eine Schlammharke mit. Er steuerte direkt die Koralle an. Weiter hatte er nichts zu tun. – Auch er kam nach langer Zeit und sehr erschöpft wieder hoch. Er hatte die Koralle freigelegt. Die Koralle wuchs genau aus dem Bauchnabel eines Gottes. Eines goldenen Riesen, wie der Taucher sich ausdrückte. Nach einer Erholungspause mit Zigaretten und Schnäpsen gingen alle drei zugleich hinab. Mit Eisenhaken beschwerte Seile wurden vom Schiff heruntergelassen. Die Krane wurden ausgeschwenkt. Uns allen klopften die Herzen. Es wurde wie wild geraucht. Mit zusammengepreßten Augenbrauen ging mein Alter hin und her. Der Kapitän trommelte mit nervösen Fingern an der blechernen Reling. (Es war eines der neumodischen häßlichen Eisenschiffe). Völlig zerschlagen und zerschunden kamen die Taucher hoch: Der Gott sei fest. Ratternd lief die Dampfwinde an, die Seile ruckten, strafften sich, erklangen wie Harfensaiten und kamen zitternd hoch. Wellen umspülten ein umlocktes, bärtiges Erzhaupt, einen muskulösen, bewegten Körper, auseinandergestellte laufende Füße. Mit unserer Spannung selbst schienen wir der Winde drehen zu helfen. Unser ganzes Leben war bei dem langsam heraufkreisenden Gott. Wir hatten ihn noch nicht an Bord, da kam, etwas zu spät vom Wachhabenden signalisiert, das Küstenwachschiff angeschossen. Wir waren verraten worden von irgend jemand, der sich bei dem Geschäft benachteiligt fühlte oder sich einen guten Ruf bei der Polizei verdienen wollte. Gendarmen enterten auf unseren Kahn hinüber. Der Eisenboden erklang von erregten Schritten. Befehle gellten. Der Poseidon von Kap Artemision war beschlagnahmt, ehe die Fischer begreifen konnten, was für einen wertvollen Fund sie gemacht hatten.“
  1938 wird Xenophon von den Behörden aufgefordert, Griechenland zu verlassen - das Dritte Reich warf die ersten langen Schatten. Von der Nordküste Korfus aus wollte er mit seinem Boot damals nach Albanien fahren, wo er als Österreicher kein Visum benötigte, jedoch eine Lizenz zum Fischen. Bevor er aber die hatte, war er durch den Anschluß Österreichs nach seinen Worten
  „von einem Österreicher zu einem deutschen Kapitän eines griechischen Schiffes geworden, der sich in Griechenland nicht aufhalten, in Albanien nicht fischen durfte. . . . Ich habe mich im Februar 1938 die albanische Küste von Santi Quaranta (Hagii Saranda = 40 Heiligen) bis an die Bujana bei San Giovanni di Medua hinaufgearbeitet. Sonst bleiben mir von harten Zeiten oder schwierigen Unternehmungen rückblickend doch auch positive Erinnerungen, nichts aber von dieser Fahrt bis auf unfreundliche, eisige Winde und einen Rattenüberfall auf mein Boot an einer Holzbrücke in Durachion (Durres). Trotz Gegenwehr zerfetzten mir die gierigen Ratten den Sack mit dem Schiffszwieback. Dabei war es so kalt, daß das Wasser im Krug unter Deck fror, richtig zu Eis. Damals weinte ich vor Verzweiflung.“
  Kurz vor Kriegsausbruch gelangte er nach Österreich. Einer ersten Einberufung entgeht er, indem er als Kohlentrimmer auf einem Frachter nach Leningrad anheuert. Dann, 1941, wird er doch Soldat und wegen seiner griechischen Sprachkenntnisse nach Hellas versetzt, wo er versucht, die Härten des militärischen Denkens und Handelns zu mildern. 1942 wird er zur ersten Exkursion von Hans Hass in der Ägäis abkommandiert und macht später – nach dem Kriege - auch die Expeditionen im Roten Meer mit, die Hans Hass Weltruhm und eine Professur eintrugen. Hass freilich hatte anfangs Bedenken gegen Xenophon wegen seines Aussehens „wie ein tuberkulöser Raubmörder mit den Allüren eines Parlamentspräsidenten“. Xenophon hingegen: „Ich aber sah, daß ich mich nach Auffassung des Hass glücklich zu schätzen hatte, weil ich im Glanze seiner Berühmtheit mitglänzen oder am Gelingen eines riesigen Nazi-Kulturamtes mitarbeiten dürfe“. Er kehrte als Dolmetscher nach Griechenland zurück, setzte sich für Widerstandskämpfer ein. Darüber schreibt er:
   „Wenn Griechen zu mir kamen und mich warnten, mich nicht zu sehr für sie zu exponieren, so sagte ich ihnen: das Höchste, was mein Vaterland hat, ist gerecht zu sein. Diese Eigenschaft gilt mehr als eine Provinz. Und was Euch bei mir als Parteinahme für Euch scheint, ist in Wirklichkeit mein Bemühen, meinem Volke das Höchste, was es besitzen kann, das Gerechtsein, zu erhalten. Das sagte ich, damit sie mich am Ende nicht noch als einen Verräter an meinem Volk verachteten, denn gerade diese einfachen Leute lieben ihr Vaterland und verachten den Verräter.“
  Nach dem Krieg und sieben Jahren harter Arbeit zusammen mit Hans Hass kehrte Xenophon 1957 endgültig nach Griechenland zurück, in den Pelion. Zuerst baute er ein verfallenes Kloster auf Trikeri auf Mietbasis zu einem kleinen Haus für Fremde aus und lebte von den bescheidenen Einnahmen, die er dabei erzielte, – immer mehr gebend als nehmend. Als die Mönche merkten, daß sich hier etwas verdienen ließ, erhöhten sie mehr und mehr den Zins und zwangen so Xenophon schließlich, sich eine neue Existenz zu suchen. Er fand sie in Kuluri, wo die Familie seiner Frau ein Stück Land besaß, das er schon 1937 hatte bebauen wollen. Am 18. März 1970 schreibt er seiner 88jährigen Mutter von Chorefto aus:
   „In den nächsten Tagen wollen wir, Chariklia und ich, nach Kuluri gehen, um uns wieder einmal als Pioniere zu betätigen. Dann wird es sich sofort zeigen, ob wir der Arbeit überhaupt noch gewachsen sind, oder ob ich falschen Vorstellungen verfallen war. Als Arbeitsbeginn habe ich den 26. März festgelegt. Für diesen Tag habe ich also 5 Mitarbeiter für zirka 40 Tage gewonnen. Chariklia wird für uns kochen und  ich habe zu sorgen, daß alles ins Lot kommt. Das dürfte mir ja noch möglich sein, bei der Erfahrung, die ich im Schaffen von Lebensbedingungen unter allen Umständen und in vielen Ländern erworben habe. Schon melden treue Gäste ihr Interesse bei uns an und so werde ich ja in zwei Monaten Gelegenheit haben, mein Können unter Beweis zu stellen. Mich freut besonders, daß ich sozusagen mit Deinem Geburtstag den Grundstein hier lege, was ich also am 25. März machen werde. Am 26. fangen dann die Mitarbeiter erst an, weil, wie Du ja weißt, der 25. März ein ganz hoher Doppelfeiertag, Staats- und Marienfeiertag ist . . . So mein Muttel, ich will meinen Geburtstagsbrief zum Abschluß bringen. Mich freut das Leben wieder mehr, seit ich das Joch der Popen los bin und gedenke Deiner in inniger Liebe und Dankbarkeit.“
  Kuluri liegt am äußersten Rand eines weit ins Meer vorspringenden Kaps. Hier erbaute Xenophon ein kleines Häuschen, mehr eine Hütte, eine Küche abseits davon und einen Schuppen nahe einer kleinen, als Ankerplatz für die „Thetis“ geeigneten Bucht. Auf dem südlichen Berghang entstanden Laubhütten, unter deren Dächern seine Gäste mit einem traumhaft schönen Blick auf das Gebirge und das Meer einschlafen und erwachen konnten. War das Regenwasser des Winters aus den Zisternen und dem Tank verbraucht, mußte es in einstündiger Fahrt von einer Quelle geholt werden, fast alle übrigen Lebensmittel von Chorefto, was über 4 Stunden Fahrt mit dem Boot über die oft stürmische See bedeutete. Dementsprechend einfach war meist das Essen. Aus dem kristallklaren Meer holte der Hausherr Tintenfische; Tomaten, Bohnen, Zwiebeln, Oliven und etwas Obst baute er selbst an. Seine Gäste kamen gerne und immer wieder. Sie konnten dort fürchterliche Gewitter erleben, aber auch Delphine, die um den Bug der „Thetis“ spielten, unvergeßliche Sonnenaufgänge hinter dem weit im Osten liegenden Athosberg, sternklare Nächte und immer wieder den Mann, der sich selbst so charakterisierte, als ich ihn einmal nach einem Fernsehfilm über ihn fragte, den er übrigens niemals gesehen hat:
  „Die Fernsehdokumentation sollte erkennen lassen, daß da ein Mensch bemüht ist, richtig zu leben. Dabei zuerst nur an sich selbst denkend und seine Freude am geschenkten Leben habend. Wollte er auch Wege weisen? Scheinbar bemühte er sich doch, irgendwie einen Lebensweg aufzuzeigen, vielleicht nicht sehr nachdrücklich und nur mit wenig Erfolg, was ihn aber nicht im geringsten von seinem Weg abbrachte, den er weiter beharrlich dem traurigen Ende zu verfolgte. Ist dieser Mann nur Ziel oder störrisch oder freut ihn sein Leben wirklich? Außerdem sollte die Dokumentation zeigen, wie er alles Wilde auf sich nimmt, versucht, nur mit seiner Hände Arbeit die Natur in seinen Griff zu bekommen, um seinen zahlenden Gästen in unberührter Natur das Gefühl von Geborgenheit zu geben. Sie zeigt ihn als frohen Zecher mit rohen Kumpanen und bald darauf höflich lächelnd als besorgten Gastwirt. Man sollte ihn die „Einrichtungen“ seines Betriebes vorführen sehen, mit besonderem Stolz aber seine Aborte, „Patent Kuluri“. Unser Mann gehört nicht zu denen, die den Mist unter den Schrank fegen bzw. die Fäkalien durch eine weiße Porzellanmuschel nur mal aus den Augen verschwinden machen lassen, um sie in die Flüsse zur Verwendung für die weiter abwärts Wohnenden zu leiten. Auch sollte irgendwie eine freundliche und wohlgemeinte Verspottung von allem ganz Feinen und Vornehmen und Lieblichen nach Postkartenart als Aroma durch die Dokumentation ziehen. Dann mußte auch, wo ich aus meinem Leben erzähle, die Freude an meinem Sauhirtenleben richtig aufglänzen, während meine Zeiten auf der Luxusjacht in Cannes oder Capri als für mich peinliche Zeit fühlbar werden sollten.“
  In den Wintermonaten ist er meist völlig allein, nachdem er seinen taubstummen Gehilfen weggehen lassen mußte, der ihm jahrelang treu zur Seite gestanden war. Aber er liebt die Stille, die Einsamkeit, die ihm Zeit zur Besinnung gibt. Er liest Jacob Burckhardt sowie Aristoteles, Herodot, Thukydides und andere antike Autoren. Und er setzt die 1945/46 begonnene Niederschrift seines Lebens fort, dabei den Wunsch äußernd, zusammen mit Werner Helwig und zahlenden Gästen eine Art Wanderleben zu Schiff zu beginnen. Doch dieser lehnt am 14. März 1980 in einem Brief den Plan ab:
  „Als Lebensgrundlage das Fischerboot, das von einem Mann allein, ohne Motor, gemeistert wird, wie Du es ein Leben lang bewundernswert verstandest. Wünschbare Idee, aber wird man sich immer konsequent an Deine Richtlinien halten? Und die letzten unberührten Ufer würden damit automatisch zu den ersten berührten mit Nachfolgerschaften, so wie das heute in der Massengesellschaft üblich ist. Du erhoffst Dir erzieherische Wirkungen davon, die ja durch Deinen eigenen Entwicklungsgang verbürgt sind. Du möchtest etwas weitergeben als Summe Deiner Lebenserfahrungen und als Dein Vermächtnis. Das hat Größe, ehrt Dich, aber wie wäre der Mißbrauch Deiner Intentionen auf die Dauer abzuwenden? Daß unsere Welt ihren selbstzerstörerischen Weg weitergeht, trotz aller Warnungen, ist sicher. Wie lange wir beide noch leben ist unsicher. Wird die Zeit reichen, die Dinge in Deinem Sinne noch auf die Beine zu stellen?“
Zwei Jahr zuvor schrieb Xenophon:  „Ich freue mich nun schon lange auf den Winter und die Ruhe in Kuluri. Ich möchte das Paktieren von Griechen mit den Persern aus dem zeitlichen Abstand von heute mit dem von Emigranten aus der Zeit des III. Reiches vergleichen. Natürlich muß man von irgend etwas ausgehen. Aber haben Begriffe wie Volk und Familie z.Zt. überhaupt Orientierungswert? Darüber muß ich noch gründlich nachdenken.“
  „. . . zwei besinnliche Wintermonate 10.12.1978 bis 9.2.1979 sind vergangen, ohne daß ich, den Herodot neuerlich durchkauend, mir das aus ihm heraussuchen hätte können, von dem ich glaube erkennen zu können, wo es einem Volksangehörigen nicht mehr gestattet ist, zur Bekämpfung von politischen Richtungen zu emigrieren oder gar den Feind zu beraten oder gar auf seiner Seite zu kämpfen . . .“
  Ebenfalls 1979 schreibt er:  „Ich war um Weihnachten und Neujahr in Graz, Wien, Salzburg und München. Seit 1972 wieder einmal. Ich war beeindruckt von der Entwicklung, der „Verbesserung“ der Qualität des Lebens dort. Jedoch: über Lebensgefühl und Echtheit oder Ursprünglichkeit von Lebensempfindung habe ich ziemlich eigenwillige Vorstellungen. So war im ersten Teil meiner Reise von Koulouri bis Graz das Stück bis Chorefto erlebnisreicher als der große, übrige Rest der einen Fahrt. Hier fuhr ich,   dort ließ ich nur mit mir geschehen . . . Natürlich frug ich mich, was die Menschen mit der durch die Rationalisierung im Verkehr gewonnenen Zeit anfangen . . . Ich möchte sagen, der ganze unglaublich komplizierte Apparat funktioniert und zeitigt wünschbare Ergebnisse. Daß alles „organisch“ gewachsen sei, ist kaum mehr anzunehmen. Da muß doch ein wohldurchdachter Plan systematisch und konsequent verwirklicht werden. Gut, – die verschiedenen Forschungsziele sind menschlich, Anaxagoras, Aristoteles, aber das Abstimmen von Konsumwut und Forschung aufeinander lassen doch auf eine verständnisvolle, ja sympathische Gewalt schließen. Eines fiel mir bei der Reise nach Österreich und Deutschland auf: Besucher von Kuluri, auch solche, die hier meckerten, behandelten mich mit Auszeichnung. Ich glaube, die glauben, daß ich hier glücklicher bin wie sie in ihrer Ordnung, in ihrem Abgesichertsein, aber dadurch ja auch in einer gewissen Unfreiheit. Warum bin ich hier? Vielleicht besser gefragt: warum lebte ich d i e s e s Leben? Jetzt bleibt mir einfach keine Wahl mehr. Ob ich in Europa nicht doch manchmal zweifelte an der Richtigkeit meines Lebens?“
  Am 9. Februar 1979 jedoch:  „Es riecht nach Frühling . . . Ich kann bei rein Geistigem nicht mehr so recht bei der Sache sein. Praktische, handfeste Verrichtungen werden mir wichtiger. Auch bei mir selbst muß ich Gewisses aufeinander abstimmen. Ernst Kreuder (1903-1972, romantisch-surreale Romane, „Die Gesellschaft vom Dachboden“, „Die Unauffindbaren“ (1946-1948), auch literarische Essays und Gedichte), prägte auf mich gemünzt den Satz: „Er war ein Mann der Tat, eben keine besondere Sache.“ Das sagte er vor gut 50 Jahren. Dichter müssen irgendwie doch Röntgen-Augen haben. Noch neige ich mehr zu Taten. Jedoch, langsam lassen meine Muskelkräfte nach. In diesem Sommer soll die „Thetis“ ihrer Taufpatin und Beschützerin dargebracht werden. Natürlich verbunden mit einem fröhlichen Gelage, Musik und Tanz . . . Langsam werde ich Abschied von Booten und Fahrten nehmen müssen und finde dann vielleicht mehr Zeit, in den Gedanken von Weisen nachzulesen. – Und wenn ich ab und zu den Kopf hebe, so habe ich den Pelion von seiner mir liebsten Seite (aus Norden) in meinem Blick. Und dafür möchte ich weiter etwas sorgen, daß auch Freunde ihn, den Pelion, aus dieser Sicht erfassen können . . .“.
Und dennoch: in der Muße des Winters hebt er sein Grab aus, dort auf der höchsten Stelle seines geliebten Kuluri, wo auch seine Schwiegermutter bestattet worden war: ein aus roh behauenen Steinen gebildetes Rund, in der Mitte die Grablege, unter zwei großen Pefken, den schönen Mittelmeerkiefern, der vorgefertigte Grabstein für beide. Nur noch die Jahreszahl seines Todes muß eingemeißelt werden.
Danach, am 2. Januar des Jahres 1981, schreibt er an zwei junge Freunde und Verwandte in Österreich:
„Ich möchte für mich selbst, um vielleicht die Für und Wider zu erkennen, diese im Nachfolgenden schriftlich zusammen- bzw. gegenüberstellen. Vielleicht fällt mir diese Arbeit leichter, wenn ich sie als Brief an Freunde verfasse. Wer als Irini und Peter steht mir z.Zt. nahe? Also wende ich mich an die beiden.
 Freunde! Da habe ich Euch im Geiste und ohne daß Ihr es wißt zu Schiedsrichtern gemacht, d.h. ich nehme an, ich müßte meinen Standpunkt Euch darlegen und Eure Meinung dazu hören. Natürlich würdet Ihr kaum für einen der beiden Wege stimmen, den ich vielleicht gehen werde, da Ihr ja Partei seid. Da ich Eure Meinung aber gar nicht verlange, sondern Euch nur theoretisch, also gar nicht wirklich abverlange, ist das ja belanglos. Ich brauche eben für meine Untersuchung nur einen Gesprächspartner. Entscheiden muß ich mich selbst. Um was geht es?
  Ganz einfach gesagt darum, ob ich das nun angebrochene Jahr 1981 noch ableben soll oder nicht. Wenn ich „abtreten“ würde bis spätestens Mitte kommenden März, könnte ich es noch einigermaßen, entsprechend meinem bisherigen Leben tun. Wie stelle ich mir dieses „Abtreten“ vor? In einem Sturm mit der „Thetis“ unterzugehen entspricht nicht meinen Vorstellungen. Eher die, nach den Höhen über Kuluri im Winter aufzusteigen und da oben vor Erschöpfung und Kälte richtig einzugehen und aufzuhören. Der Hintergedanke, dadurch nicht beerdigt werden zu müssen, sondern von Füchsen verspeist zu werden, hat für mich, wenigstens jetzt in der Sicherheit meiner Hütte, etwas Verlockendes.
 Tatsache ist, einmal muß ich ja doch sterben. Warum nicht noch relativ gesund und rüstig? In Wahrheit steht es um meine „Rüstigkeit“ gar nicht mehr so gut. Bin ich doch nicht einmal ganz sicher, noch selbst und im Winter da hinaufzukommen. Vielleicht geht es aber gerade noch dank meiner Routine? Also ich möchte durch diesen etwas selbstverschuldeten Tod den nun sicher kommenden Altersbeschwerden und der Hilfsbedürftigkeit entgehen. Das ist doch ein großes Plus. Vielleicht fällt mir das jetzt noch leichter, weil mich kein Umstand direkt oder mit Zeitdruck dazu zwingt. Da habe ich die Mittel, um über die noch bevorstehenden drei vielleicht harten Wintermonate, also Jänner bis März, zu kommen. Sicher bleibt auch noch das materiell Notwendige, um die nächste Saison vorzubereiten und anzugehen. Peter und Irini wollen im Mai kommen, um eine Reise mit mir zu machen. Ich habe in ihnen praktische Hilfe, und auch das Finanzielle würde geregelt sein. Ob ich den Anforderungen, um diese Fahrt durchzuführen, noch gewachsen bin? Ich möchte sagen, es müßte eigentlich gehen. Sollten die Dunkl’s ausfallen, könnte ich das Boot in Skiathos sicher ganz gut noch verkaufen.“
  Aber seine Entscheidung fiel doch anders aus. Am klaren Morgen des 15. Januar steigt Alfons Hochhauser von Kuluri aus zur Höhe des Koromilia auf, dem Platz der Götter und Mythen des Pelions. Noch einmal erlebt er den herrlichen Sonnenaufgang, noch einmal umfaßt sein Auge, sein Herz das weite Meer, die dunklen Berge und Wälder, den blauen Himmel, sein geliebtes Griechenland. Auf dem Gipfel liegt Schnee, es ist schneidend kalt . . .
  Hirten fanden Xenophon am 14. März, halb noch vom Schnee bedeckt. Er hatte den Tod durch Erschöpfung und Erfrieren gesucht und gefunden. In seinen Kleidern fand sich ein letzter Brief:
  „Auf Koromilia, 15.1.1981 – Donnerstag), bei Euch wird es ½ 3 Nachmittag. Da ist ein abgeschnittener Baum, die grade Schnittfläche ist mein Tisch. Ich kann es noch gar nicht glauben -
Also an wen schreibe ich? Natürlich an die Freunde, Irini und Peter, Jutta und Sigi und natürlich denke ich auch an Franzl, dessen Schuhe mich da hinauf gebracht haben. Ihr müßt den Platz unbedingt einmal aufsuchen, nicht von Veneton aus, sondern von Karassea. Nehmt Euch den Wlachawa den (Stotterer?), er kennt den Weg und hat 3 Reittiere.
   Wenn kein Wunder geschieht, dann bin ich in ein paar Stunden erfroren. Ja, ich bin zufrieden, zufrieden, daß es aus und vorbei ist. Es war genug, fast zuviel.“
 Damit bricht der Brief ab. – Möge Xenophon im Schatten der von ihm gepflanzten Bäume auf Kuluri in Frieden ruhen. Den Menschen des Pelion und denen aber, die ihm begegneten, wird er unvergessen bleiben.

 

Anmerkung von Michael Jung, Leiter des Hans-Hass-Institutes für Submarine Forschung und Tauchtechnik.

Er schrieb uns am 12.Juni 2006:

Eine kleine Korrektur im Requiem: Hans Hass erhielt keine Professur nach der Expedition. Allerdings gewann sein Film, der während der Expedition gedreht wurde, den ersten Preis auf der Biennale in Venedig. In den beiden Filmen von Hans Hass „Abenteuer im Roten Meer" und „Unternehmen Xarifa" ist Xenophon ab und zu zu sehen, und spricht auch einige (wenige) Sätze. Es sind dies wohl die einzigen existierenden Filmaufnahmen von ihm. Interessant ist vielleicht, dass er selbst nie mit Gerät tauchte, trotz seiner Nähe zu dem Thema. Er blieb immer oben und kümmerte sich dort um die Materialien.

In dem Buch von Kapitän Thie „Mit Hans Hass im Ägäischen Meer" wird Xenophon ebenfalls erwähnt. (Kapitän Thie, Paul: Mit Hans Hass im Ägäischen Meer. Der Kapitän des Expeditionsschiffes erzählt. Leutz Verlag, Berlin-Dahlem 1953) 

 

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